Heute soll es wieder einmal heißen: "Klugscheißen mit Markus"!
Ich habe in meiner Anfangspost "Über diesen Blog" angekündigt, daß ich auch ab und zu über Musiktheoretisches schreiben werde. Anknüpfend an meine Post "WAS HEISST HIER 'WOHLTEMPERIERT'", schreibe ich heute ein bisschen über die verschiedenen Tonarten unseres Tonsystems.
Ich werde häufig gefragt, wie die Tonarten mit ihren entsprechenden Vorzeichen zustande kommen. An dieser Stelle sollen zunächst die Dur-Tonarten behandelt werden:
Jede Tonleiter unseres Tonsystems besteht aus einer Abfolge von acht Tönen. Die sogenannten 'diatonischen Intervalle' (d.h. Tonabstände von Ton zu Ton) unterscheiden sich in Halb- und Ganztonschritten. Jede Dur-Tonleiter besteht aus Ganztonschritten, bis auf zwei Ausnahmen: zwischen dem dritten und vierten bzw. siebten und achten Ton liegen Halbtonschritte. Diese Regel gilt ausnahmslos für alle Dur-Tonarten, deswegen nenne ich sie die "DUR-Regel"!
Wenn man nun von dem Ton C ausgehend nur auf den weißen Tasten des Klaviers bis zu dem nächsthöheren C spielt, wird man feststellen, daß unsere DUR-Regel erfüllt ist, denn diese Tonleiter besteht aus Ganztonschritten und lediglich zwischen dem dritten und vierten Ton (E-F) und zwischen dem siebten und achten Ton (H-C) aus Halbtonschritten. Wir brauchen also an keiner Stelle einen Ton erniedrigen oder erhöhen, damit unsere DUR-Regel erfüllt ist. Deshalb hat C-Dur kein Vorzeichen!
Wie verhält es sich aber mit G-Dur? Nun, wenn wir von dem Ton G nur auf den weißen Tasten bis zum nächsthöheren G spielen, stimmt unsere schöne DUR-Regel leider nicht mehr. Denn regelkonform müßte ja zwischen dem sechsten und siebten Ton ein Ganzton und zwischen dem siebten und achten Ton ein Halbtonschritt sein. Ist aber (auf den weißen Tasten) leider nicht so! Deswegen müssen wir den siebten Ton (hier: das F) mit einem # versehen, ihn also um einen Halbton zu Fis erhöhen, und siehe da...unsere schöne DUR-Regel stimmt wieder. Deshalb hat G-Dur genau ein Vorzeichen, nämlich das Fis.
Noch ein Beispiel: Wenn wir auf dem Ton D beginnend auf den weißen Tasten zum nächsten D gelangen, stellen wir fest, daß unsere DUR-Regel wieder nicht so ohne weiteres hinhaut. Denn zwischen dem zweiten und dritten Ton muß ja regelgemäß ein Ganzton und zwischen dem dritten und vierten ein Halbton sein. Deswegen müssen wir an dieser Stelle das F zu Fis erhöhen. Und mehr noch: Zwischen dem siebten und achten Ton soll ja ein Halbton liegen. Dies erreichen wir indem wir den Ton C mit einem # zu Cis erhöhen. Deshalb hat D-Dur zwei Vorzeichen, nämlich das Fis und das Cis.
Bei den moll-Tonarten ist es ähnlich, nur daß hier die Halbtonschritte zwischen dem zweiten und dritten, bzw. dem fünften und sechsten Ton liegen. Das wäre dann die "moll-Regel".
Bei den moll-Tonarten ist es aber einfacher: es gibt zu jeder Dur-Tonart genau eine sogenannte "parallele moll-Tonart", die genau dieselben Vorzeichen hat wie die entsprechende Dur-Tonart. Man findet diese parallele Molltonart indem man vom Grundton der entsprechenden Dur-Tonart eine kleine Terz abwärts geht.
Beispiel: C-Dur: Wenn ich vom Grundton C eine kleine Terz abwärts gehe, lande ich auf dem A; a-moll hat dieselben Vorzeichen wie C-dur, nämlich keine.
Oder G-Dur: Wenn ich vom Grundton G eine kleine Terz abwärts gehe, lande ich auf dem E; e-moll hat also dieselben Vorzeichen wie G-Dur nämlich eines (das fis). So verhält es sich mit allen parallelen moll-Tonarten.
In der folgenden Grafik habe ich alle Dur- und Moll-Tonarten nebst ihren Vorzeichen einmal zusammengefasst (das blau unterlegte "H" zeigt jeweils die Halbtonschritte der entsprechenden Tonart):
Hieran anknüpfend komme ich zu dem sogenannten Quintenzirkel. Der Quintenzirkel ist lediglich eine anschauliche, in sich geschlossene Darstellung der oben ausgeführten Phänomene. Er stellt die Tonarten, wie der Name es schon nahelegt, als Kreis und in Quintabstand dar.
Der Quintenzirkel beginnt im äußeren Kreis mit den DUR-Tonarten bei C-Dur (im Uhrzeigersinn also bei ca. '12.00 Uhr') und wie wir oben kennengelernt haben, mit keinen Vorzeichen. Dann kommt als nächstes vom Grundton aus betrachtet eine Quinte höher (im Uhrzeigersinn gelesen) G-Dur mit einem Kreuz, dann D-Dur mit zwei Kreuzen, A-Dur mit drei Vorzeichen und so weiter bis hin zu FIS-Dur mit sechs Kreuzen (im Uhrzeigersinn bei ca. 6.00 Uhr). Wir stellen also fest, daß im Uhrzeigersinn gelesen, im Quintenzirkel die Vorzeichen (nämlich die Kreuze) pro Tonart um eins zunehmen. An dieser Stelle (FIS-DUR) geschieht im Quintenzirkel etwas entscheidendes: Bisher sind nur die Kreuztonarten aufgetaucht; was ist aber mit den b-Tonarten?
Hier kommt nun die sogenannte "enharmonische Verwechselung" ins Spiel: Natürlich könnten wir in den Kreuztonarten so weiter machen, dann hätten wir an irgendeiner Stelle Tonarten mit 15 oder mehr Kreuzen. Und das wäre für die Musiker unlesbar bzw. unspielbar, weil dann auch Doppel und Mehrfachkreuze ins Spiel kämen. Deswegen bedient man sich hier eines kleine 'Kniffs': Man deutet den Grundton von Fis-Dur zu Ges um, denn zufällig hat GES-DUR genauso viele B's, wie FIS-DUR Kreuze hat, nämlich sechs. Man tut also so, als sei der Ton FIS gleich GES. Dies ist aber in der reinen Stimmung nicht so und funktioniert nur in der sogenannten "wohltemperierten Stimmung" (vergleiche hierzu meine Post: "WAS HEISST HIER 'WOHLTEMPERIERT")
Wenn wir also im Quintenzirkel, im Uhrzeigersinn gelesen, bei FIS-Dur die Umdeutung zu Ges-Dur machen, kommen wir in die B-Tonarten: Ges-Dur hat sechs B's. Wenn wir nun nach demselben Quintenprinzip weitermachen, kommen wir in der zweiten Hälfte des Quintenzirkels als nächstes zu Des-Dur mit fünf B's, As-Dur mit vier B's, Es-Dur mit drei B's, B-Dur mit zwei B's, F-Dur mit einem B und...hier schließt sich sprichwörtlich der Kreis....wieder zu C-Dur ohne Vorzeichen. In der zweiten Hälfte des Quintenzirkels (im Uhrzeigersinn gelesen) nehmen die Vorzeichen (die B's) also je Quintsprung um eines ab!
Die Molltonarten mit ihren Vorzeichen finden sich entsprechend der oben erläuterten Methode, indem man vom Grundton der Dur-Tonart eine kleine Terz abwärtsgeht. In der folgenden Grafik habe ich das Prinzip des Quintenzirkel noch einmal anschaulich dargestellt:
Übrigens: Wenn man den Quintenzirkel entgegen dem Uhrzeigersinn liest, wird aus dem Quinten- ein Quartenzirkel.
Es gibt nicht wenige Musiker, die behaupten, dass man diesen "theoretischen Unfug" gar nicht braucht, um gute Musik zu machen, aber spätestens, wenn der Pianist in der Jam-Session sagt: "Wir improvisieren jetzt einen Blues in 'Es'", wird jeder Musiker merken, dass es durchaus von Vorteil ist, den Quintenzirkel auswendig zu kennen...! Wenn man diese "Essentials" als Musiker beherrscht, erkennt man auch die "Verwandschaften" der Tonarten und die Möglichkeiten sie in die Improvisation einzubauen.
Beispiel: Wie sieht die Verwandschaft zwischen C-Dur und e-moll aus? Nun: e-moll ist die Dominante der parallelen Molltonart von C-DUR und kann deswegen auch in der Improvisation in C-Dur benutzt werden. Je näher die Tonarten im Quintenzirkel beieinander stehen, desto größer ihre "Verwandtschaft" zueinander.
Den Quintenzirkel sollte jede/r ambitionierte Musiker/in in- und auswendig beherrschen, auch wenn es lästig erscheint. Aber ein bisschen "Zirkeltraining" hat ja noch niemandem geschadet...!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen